Im Bereich der sogenannten abstrakten Verweisungsklauseln hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig mit einem neueren Urteil für Bewegung gesorgt. Darauf weist Rechtsanwältin Claudia Zill von der Berliner Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte hin.
Galt bislang, dass eine Verweisung in einen sozial schwächeren Beruf nicht möglich ist – unabhängig von dem vielleicht höheren Einkommen, das damit erzielt werden kann – geht das OLG Schleswig (Urteil vom 17. Dezember 2015, Az.: 16 U 50/15) nun einen anderen Weg. Es nimmt eine Gesamtbetrachtung vor.
Geld und soziales Ansehen untrennbar
Geld plus soziales Ansehen im alten – nicht mehr ausübbaren Beruf – wird mit dem Einkommen und der öffentlichen Wertschätzung im Verweisungsberuf verglichen. Halten sich beide Tätigkeiten in der Summe die Waage, dann gilt die bisherige Lebensstellung des Versicherten als gewahrt. Der Versicherer kann dann auf die andere Tätigkeit verweisen und die Berufsunfähigkeitsleistungen einstellen.
Zur Begründung führt das Gericht aus, dass Geld und soziales Ansehen nicht voneinander getrennt werden könnten. Berufe, in denen man viel Geld verdienen kann, würden automatisch mit einer höheren sozialen Wertschätzung verbunden und umgekehrt.
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Für Versicherungsvermittler heißt das ganz konkret, dass in der Beratung der Kunden einmal mehr Vorsicht geboten ist. Der Rat an den Kunden, dass er eine andere – besser bezahlte – Tätigkeit aufnehmen könne, wenn sie nicht die gleiche soziale Wertschätzung genießt wie der Ausgangsberuf, kann derzeit für den Kunden erhebliche finanzielle Nachteile nach sich ziehen. Die Versicherungsleistung könnte eingestellt werden.
Ob der Weg des OLG Schleswig richtig ist, muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Die Entscheidung liegt dort zur Überprüfung.
Foto: Wirth-Rechtsanwälte / Shutterstock