Einfache Standardlösungen sind aber nichts als alter Wein in neuen Schläuchen, was im Zeitalter der Internetrankings und der Vergleichsportale nicht lange Bestand haben wird. Ich sehe daher die große Chance, die Welten zu verbinden und damit zu einem wirklichen Mehrwert für den Kunden zu kommen. Durch den Einsatz von Software und Algorithmen lassen sich in kurzer Zeit individuell angepasste Basisstrategien für den Kunden ermitteln. Werden diese mit individuellem Service ergänzt und durch eine laufende Betreuung angereichert, entsteht für den Kunden ein Mehrwert.
Mit Sorge sehe ich aber, dass die Früchte dieser jahrzehntelangen Arbeit durch marktbeherrschende Stellungen zunichte gemacht werden könnten. Entscheidend ist nämlich der Zugang zu den Kunden. Der Zugang erfolgt heutzutage verstärkt über das Smartphone oder die großen Suchmaschinen. Dort bauen sich große marktbeherrschende Positionen durch mächtige Anbieter wie Apple und Google auf.
Innovative Regulierung muss Zugang zum Kunden sichern
Sie könnten, wie Google schon heute im Bereich der Suchmaschinen zeigt, durch geschicktes Angebot von „Commodities“, wie zum Beispiel Zahlungsdienstleistungen, auch für die Beratung und Betreuung des Kunden im Wertpapierbereich marktbeherrschende Positionen einnehmen. Das Gleiche gilt für die Vermögensverwaltung. Für jeden Asset Manager wäre es schwierig, zum Beispiel gegen Musterportfolios zu argumentieren, die einer der großen Anbieter regelmäßig von den größten und renomiertesten Asset Managern an der Wall Street anbietet und dem Kunden auf das Smartphone schickt
Um den Zugang zum Kunden auch für unabhängige Anbieter zu gewährleisten, brauchen wir innovative Regulierungen. Ganz ähnlich wie europäische Regulierungen der Infrastruktur, wie zum Beispiel der Telekommunikation und von Schienenwegen, muss der Zugang zur Kundenkommunikation offen bleiben und auch für kleinere Marktteilnehmer möglich sein.
Wettbewerbsschutz für kleine und mittlere Anbieter
Dazu brauchen wir europäische Lösungen. Selbst Deutschland und das Bundeskartellamt sind nicht mächtig genug, es mit den großen Angelsachsen aufzunehmen. Nur die Europäische Union kann den sich abzeichnenden Marktriesen ein Bekenntnis zum Wettbewerb abtrotzen. Für kleine und mittlere Anbieter ist dieser Wettbewerbsschutz unerlässlich.
Der Zugang zum Kunden für digitalisierte Angebote darf nicht eingeschränkt werden, darum müssen sich auch kleine und mittlere Anbieter für eine europäische Lösung des jederzeitigen Marktzugangs zum Endkunden einsetzen. Dann haben innovative Anbieter von verbraucherorientierten und verständlichen Lösungen in der Anlageberatung oder der Vermögensverwaltung gepaart mit einem geschickten Service alle Zukunftschancen in den Händen.
Dr. Christian Waigel ist Rechtsanwalt und Gesellschafter in der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte in München.
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