Ihr Fin- und Insurtechs seht Euch als Innovatoren. Mit kreativen Ideen und neuen Ansätzen wollt Ihr die Branche umkrempeln und die Bedürfnisse der Kunden ins Zentrum rücken. Aber auch wenn man sich im Lager des Kunden wähnt, muss man sich an die Regeln des Verbraucherschutzes halten. Die Pradetto-Kolumne
Ich mag Euch Fin- beziehungsweise Insurtech-Teams! Ihr seid meistens ein Haufen cooler junger Leute – unverkrampft, locker und voll sprühender Ideen. Man kann viel von Euch lernen. Am liebsten mag ich Eure Einstellung zum Kunden: Für ihn soll alles einfacher werden. Ihr wollt dem Kunden dienen. Es gibt aber auch eine Kehrseite: Eure Fintech-Welt träumt von der Disruption und besäuft sich an ihrem ach so innovativen Wesen, macht dabei aber jeden einzelnen Fehler neu.
Statt von Erfahrungen profitieren zu wollen, wischt Ihr sie herablassend zur Seite. Einer dieser alten Fehler ist die Einstellung zum Verbraucherschutz. Den haltet Ihr für überflüssig, weil ihr ja selbst eigentlich der größte und beste Verbraucherschützer seid. Ich kenne das von Maklern. Sie sehen sich als Sachwalter des Mandanten auf der Seite des Kunden und – so viel muss man zugestehen – leben diesen Gedanken wirklich leidenschaftlich.
Schutz für den Kunden ist wichtig
Das geht so weit, dass manche Makler den Kampf des Kunden um eine großzügige Schadenregulierung oder eine aufschlagslose Risikoannahme mit ihren eigenen Interessen verwechseln. Fast beleidigt reagieren Makler deshalb, wenn Verbraucherschützer die Leistung von Maklern kritisieren. Da wird dem Verbraucherschutz die Kompetenz abgesprochen, ihm sogar Parteinahme und eigene monetäre Interessen unterstellt. Das mag teilweise durchaus zutreffen, nur ändert das rein gar nichts an der Aufgabe der Verbraucherschützer.
Es ist ein Irrtum wenn Makler glauben, das Kritik der Verbraucherschützer unangemessen wäre, da sie sich selbst auf Seiten des Verbrauchers wähnen. Aufklärung, Schutz und Wachsamkeit für den Kunden sind wichtig. Diese Aufgabe gibt dem Verbraucherschutz eine Bedeutung, die nahezu eine institutionelle Funktion für die Gesellschaft rechtfertigen und niemand erhebt zu Recht den Anspruch der bessere Kundenschützer zu sein. Denn auch wenn die Verbraucherschützer einmal falsch liegen – und das tun sie ganz sicher nicht selten –, ist es nun einmal ihre Aufgabe den Kunden gerade dort vor Anbietern zu schützen, wo diese durch einen voreingenommenen Blick Kunden bevormunden oder benachteiligen.
Jetzt kommt dann also Ihr und glaubt,die größten Kunden-Interessenvertreter zu sein, weil Ihr verkrustete Strukturen aufbrecht, den Kunden in den Mittelpunkt stellt und guten Service anbietet. Dabei habt Ihr zweifelsohne mit vielem Recht. Greift etablierte Gedanken an! Nur weil etwas seit 300 Jahren eingespielt ist, bedeutet dies nicht, dass dies angesichts neuer technischer Möglichkeiten immer noch der sinnvollste Weg ist. Allerdings wischt Ihr Revoluzzer dabei auch gerne alles weg, was Kundenschutz ausmacht.
Seite zwei: Der Zweck heiligt die Mittel?