Das Insurtech Getsurance arbeitet an einem modularen Produkt zur Arbeitskraftabsicherung, das auch für Menschen erhältlich sein soll, die keine Chance auf eine klassische Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) haben. Dieses Produkt wird allerdings nur der Anfang sein, verriet Mitgründer und COO Dr. Viktor Becher im Cash.Online-Interview.
Cash.Online: Medienberichten zufolge plant Getsurance, die „BU neu zu erfinden“. Was genau haben Sie vor?
Becher: Genau genommen geht es nicht um die Berufsunfähigkeitsversicherung, sondern um den umfassenderen Bereich der Arbeitskraftsicherung. Wir entwickeln ein modulares Produkt, mit dem sich jeder gegen den Verlust des Arbeitseinkommens absichern kann. Dieses Produkt zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus:
Erstens ist es komplett digital und wird von Anfang an als Online-Produkt entwickelt. Langwierige Papierprozesse fallen weg, die Beratung des Kunden sowie das Underwriting erfolgen digital.
Zweitens ist das Produkt flexibel. Anstatt der verschiedenen bisher angebotenen Produkte gibt es nun ein Produkt mit verschiedenen Modulen, die bei Bedarf hinzugebucht und wieder abbestellt werden können. Zum Beispiel gibt es ein Modul, dessen Leistungen in etwa der Erwerbsunfähigkeitsversicherung entsprechen. Der Verzicht auf abstrakte Verweisung ist ein „Upgrade“ für dieses Modul, das flexibel hinzugebucht werden kann.
Drittens wird sich jeder wird sich versichern. Heute werden Kunden häufig von Versicherern abgelehnt. Aufgrund seiner Modularität ermöglicht unser Produkt es jedem, seine individuellen Risiken zu versichern. Nach einer automatisierter Risikoprüfung sagt unser Robo-Advisor dem Kunden, welche Module er mit seinem Gesundheitszustand überhaupt abschließen kann. Außerdem empfiehlt Getsurance dem Kunden eine sinnvolle Modulkombination basierend auf seinen Wünschen und seiner Lebenssituation.
Es existieren bereits unzählige Tarife, die die Arbeitskraft absichern. Warum wollen Sie ein neues Produkt entwickeln?
Der Markt für Arbeitskraftsicherung ist zersplittert in verschiedene Produktkategorien – zum Beispiel Berufsunfähigkeits-, Erwerbsunfähigkeits- (EU), Grundfähigkeitsversicherung –, die in vielerlei Hinsicht am Bedarf des Kunden vorbeigehen. Erstens handelt es sich um reine Offline-Produkte, die sich nur schwer digitalisieren lassen, und gerade junge Kunden wünschen sich einen reibungslosen Online-Abschluss.
Zweitens sind die Produkte unflexibel. Der Kunde kann zum Beispiel nicht mit einer EU anfangen, auf eine BU upgraden und bei Zahlungsschwierigkeiten wieder auf die EU downgraden, weil es sich um getrennte Produkte handelt. Drittens bleibt aktuell Millionen von Menschen der Zugang zur Arbeitskraftsicherung verwehrt.
BU-Interessenten mit Vorerkrankungen wie Allergien oder Asthma müssen sich durch einen langwierigen, papierbasierten Antragsprozess quälen – viele brechen diesen enttäuscht ab und bleiben unversichert, obwohl man ihnen zum Beispiel eine Grundfähigkeitsversicherung anbieten könnte. Körperlich Tätige müssen für eine BU sehr hohe Beiträge zahlen und bleiben oft ebenfalls unversichert, da ihnen zum Beispiel eine EU als minderwertige Alternative präsentiert wird.
Seite zwei: „Die starre Aufteilung in Produktkategorien wird den Bedürfnissen der Kunden nicht gerecht„