Dr. Walter Botermann, Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns Alte Leipziger-Hallesche, und Dr. Jürgen Bierbaum, Vorstand Alte Leipziger, sprechen mit Cash. über das Nullzinsumfeld und die Zukunft der Lebensversicherung.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins im März auf null Prozent abgesenkt: Halten Sie es für möglich, dass der Eurozone ein ähnliches Zins-Szenario droht, wie Japan, das seit rund 20 Jahren in einer Niedrigzinsphase verharrt?
Botermann: Wir liegen glücklicherweise gute 14 Jahre hinter der japanischen Entwicklung zurück, sowohl hinsichtlich der Demografie als auch was die Phase der niedrigen Zinsen anbetrifft. Gleichwohl sehe ich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine lang andauernde Niedrigzinsphase in Europa. Dabei ist aber wichtig zu betonen, dass in Japan nicht permanent ein Nullzinsumfeld herrscht, sondern der Zins über die Jahre zwischen null und zwei Prozent hin und her pendelt. Diese Verhältnisse könnten auch bei uns eintreten. Das ist meine Befürchtung.
Viele Versicherer in Deutschland müssen Übergangsregeln in Anspruch nehmen, um die erhöhten Sicherheitsanforderungen infolge des neuen Eigenkapitalregimes Solvency II einhalten zu können. Wie gut sieht sich die Alte Leipziger für den Fortgang der Niedrigzinsphase gerüstet?
Botermann: Unsere Berechnungsmodelle berücksichtigen auch ein langfristiges Nullzins-Szenario. Diese bestärken uns darin, dass wir in der Lage sind, eine lange Zeit mit einem sehr, sehr niedrigen Zins durchhalten zu können. Zum einen, weil wir entsprechende Kapitalpuffer aufgebaut haben, zum anderen hat die Alte Leipziger die Duration der Zinspapiere verlängert, bevor die Zinsen am Kapitalmarkt runtergegangen sind. Nicht zu vergessen ist, dass unser Geschäftsmix eben nicht nur Rente, Rente, Rente lautet.
Hatten Sie in der Kapitalanlagepolitik somit auch etwas mehr Glück als die Mitbewerber?
Botermann: Nein, das würde ich nicht sagen. Wir haben uns im Rahmen der Risikosteuerung nur eine ganz einfache Frage gestellt: Was würde uns „umbringen“? Eine Überschussbeteiligung, die bei uns niedriger ist als im Markt, gehört sicherlich nicht dazu. Wir hatten ja bereits über zehn Jahre hinweg die Erfahrung gemacht, dass wir hier nicht zur Spitzengruppe gehören und trotzdem gewachsen sind. Die Antwort auf die Frage war dann recht einfach: Wir ruinieren das Unternehmen, wenn wir die Garantien nicht mehr bedienen können. Deshalb war es notwendig, sich relativ hohe Zinssätze für eine lange Laufzeit zu sichern.
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Wie hoch ist der durchschnittliche Garantiezins, den Sie im Leben-Bestand bedienen müssen?
Bierbaum: 2015 lagen wir ohne Zinszusatzreserve ziemlich genau bei drei Prozent. Mit Zinszusatzreserve sind wir schon auf dem Weg in Richtung 2,5 Prozent. Dies zeigt, dass die Zinszusatzreserve zweifellos ein sehr sinnvolles Instrument ist, denn es dient dazu, die Differenz zwischen Garantie und Anlagezins über 15 Jahre hinweg auszufinanzieren. Diskussionswürdig ist allenfalls die Kalibrierung, etwa was den Referenzzinsatz angeht. Jetzt sind wir in einer relativ komfortablen Situation.
Botermann: Zur Finanzierung einer zukünftig maximal erwarteten Zinszusatzreserve von 4,6 Milliarden Euro stehen heutige Puffer, inklusive der bereits gebildeten Zinszusatzreserve, von 5,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Planmäßig erwartete weitere Eigenkapitalstärkungen sind hierin noch nicht berücksichtigt.
Seite zwei: Haben die Neukunden dadurch das Nachsehen in puncto Überschussbeteiligung?