Europas größter Versicherer Allianz zurrt seine geplante Ausrichtung auf nachhaltige Investitionen mit einem Punktesystem fest. Der sogenannte „ESG-Score“ bewertet über 8.000 Unternehmen und Staaten etwa hinsichtlich Umweltschutz, sozialer Verantwortung und guter Unternehmensführung.
Die deutschen Konzerngesellschaften machten den Anfang. In Kürze solle das System auf alle Gesellschaften der Allianz weltweit ausgerollt werden. Die Allianz hatte vor gut einem Jahr angekündigt, Klimaschutz, Transparenz und soziale Kriterien bei ihren Anlageentscheidungen in den Fokus zu stellen.
Bis Ende März 2017 sollen etwa 85 bis 90 Prozent der handelbaren Anlagen wie Aktien und Anleihen im Konzern eine ESG-Bewertung haben. Die deutschen Gesellschaften wie die Allianz Leben machten den Anfang. Die Allianz ist mit Kundengeldern von mehr als 600 Milliarden Euro einer der größten Akteure an den Finanzmärkten.
Neues Bewertungssystem mit 37 Kriterien
An dem neuen Bewertungssystem mit 37 Kriterien und mehr als 1.000 Einzelpunkten haben Organisationen wie die Umweltschutzorganisation WWF, der Klimaschutzorganisation Germanwatch und Transparency International mitgewirkt. Bei der Bewertung der Anlagen bedient sich die Allianz der Hilfe der US-amerikanischen Ratingagentur MSCI. Das Kürzel ESG steht für ökologische Selbstverpflichtung (Environment = E), soziale Verantwortung (Social = S) und gute Unternehmensführung (Governance = G).
„Wir wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Welt laufen, sondern auf Risiken bei den Investments hinweisen“, sagte Urs Bitterling, beim Allianz-Konzern verantwortlich für Fragen der Unternehmensverantwortung Mit dem ESG-Score konfrontiert, könnten die verantwortlichen Anleger in den Konzernsparten entscheiden, ob sie sich von einer Investition verabschieden oder das betroffene Unternehmen auf erkannte Risiken hinweisen.
Allianz: Nachhaltige Investitionen auch wirtschaftlich sinnvoll
Beispiele dafür sind Energiekonzerne oder Bergbauunternehmen, die noch stark auf den Rohstoff Kohle konzentriert sind. „Es ist klar, dass Kohle früher oder später aus unserer Energieerzeugung verschwinden muss“, sagte Bitterling. „Daher halten wir es für die richtige Entscheidung, hier nicht involviert zu sein.“ Unternehmen, die noch mit mehr als 30 Prozent von der Kohle abhängig seien, könnten sich nur schwerlich wandeln. Daher habe die Allianz für ihre Investitionen an dieser Schwelle eine Grenze gezogen.
Die Versicherungsbranche leidet derzeit immens unter anhaltenden Niedrigzinsen und sucht händeringend nach Anlagemöglichkeiten, die langfristig verlässliche Erträge versprechen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Investitionen in Erneuerbare Energien wie Windkraft – oder Solaranlagen, aber auch in Gas- und Stromnetze und andere Infrastrukturprojekte. Gerade Lebensversicherer betreiben ein extrem langfristiges Geschäft – mit Kundenbeziehungen, die angesichts der steigenden Lebenserwartung an die 80 Jahre dauern können. Daher seien nachhaltige Investitionen auch wirtschaftlich sinnvoll, gaben Lindner und Bitterling zu verstehen. (dpa-AFX)
Foto: Shutterstock