Versicherer: „Keine großvolumige Anpassung auf Solvency II“

Der Kapitalmarktexperte Lutz Morjan, Head of Insurance Solutions bei NN Investment Partners in Frankfurt am Main, zieht eine Zwischenbilanz zum Finanzregelwerk Solvency II und erklärt die Anlagestrategien der Lebensversicherer im Nullzinsumfeld.

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Lutz Morjan: „Die Einführung von Solvency II wirkt nicht schlagartig von einem Tag zum anderen. Es ist ein mehrjähriger Prozess.“

Cash.Online: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ist im Juli mit minus 0,19 Prozent auf ein vorläufiges Rekordtief gefallen. Anleger sind demnach bereit, bei deutschen Staatsanleihen bis zu einer Laufzeit von zehn Jahren quasi eine Gebühr zu bezahlen, statt Zinsen zu kassieren. Wie wirkt sich dieser Paradigmenwechsel auf die Anlagestrategien der deutschen Lebensversicherer aus?

Morjan: Zur Beurteilung der Entwicklung können zwei Aspekte unterschieden werden – die bereits bestehenden Investments und die Wiederanlage. Für die bereits bestehenden Investments ist die Entwicklung zunächst sehr positiv. Die fallenden Zinsen bewirken Kursgewinne. Solange sich der Zinstrend nicht umkehrt, kann sich diese Entwicklung noch weiter fortsetzen. Für die Wiederanlage stellt die Zinsentwicklung eine größere Herausforderung dar. Versicherer bevorzugen Kapitalanlagen, die stabile laufende Erträge generieren zum Beispiel in Form von Kuponzahlungen. Da die Kuponzahlungen für qualitativ hochwertige Staatsanleihen sehr niedrig sind, gehen wir zukünftig von einer im historischen Vergleich unterdurchschnittlichen Allokation der Neuanlage in Staatsanleihen aus.

Die beliebten laufenden Erträge sind nur noch in sehr wenigen Segmenten erzielbar. Diese werden mit viel Kapital stark nachgefragt. Ein Beispiel sind Unternehmensanleihen im Investment Grade-Bereich. Diese stehen auch im Fokus der Versicherer. Weitere Beispiele sind illiquide Darlehen und Immobilienanlagen. Auch stabile Aktien mit hoher Dividendenrendite bieten seit einiger Zeit höhere laufende Erträge als Anleihen. Allerdings haben Aktien ein ganz anderes Risikoprofil als Anleihen und verlangen ein besonderes Risikomanagement.

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Die Versicherungsgruppe Signal Iduna erklärte jüngst, dass man künftig verstärkt in erneuerbare Energien investieren werde, da Staatspapiere kaum noch etwas abwerfen würden. Allein im vergangenen Jahr habe das Investitionsvolumen bei rund 300 Millionen Euro gelegen – auf den ersten Blick eine hohe Summe. Nun verwaltet die Signal Iduna Gruppe allerdings Vermögensanlagen von insgesamt rund 46 Milliarden Euro. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten der Branche, die Abhängigkeit von festverzinslichen Wertpapieren zu lockern?

Zum dem von Ihnen skizzierten Fall können wir uns nicht äußern. Im Allgemeinen gehen wir aber auch in Zukunft davon aus, dass der bei weitem größte Teil der Kapitalanlagen in festverzinsliche Wertpapiere investiert sein wird. Der Effekt wird unter Solvency II nicht anders sein als unter Solvency I. Festverzinsliche Wertpapiere stellen eine natürliche Form der Bedeckung für die Zinsanforderungen der Passivseite dar. Die Struktur des Fixed Income-Portfolios wird sich jedoch ändern. Es wird in Zukunft stärker diversifiziert sein. Unter Diversifikation verstehen wir die Nutzung verschiedener Risikoprämien.

Seite zwei: „Solvency II ist ein mehrjähriger Prozess“

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