Dr. Christoph Nützenadel, CEO der Managementberatung Synpulse, über die aktuellen Herausforderungen für traditionelle Versicherer im digitalen Wandel sowie Chancen und Risiken, die mit einer Stärkung des Geschäftsfeldes „Existenzsicherung“ verbunden sind.
Ihrem Beratungsunternehmen zufolge versuchen Online-Versicherer, den deutschen Versicherungsmarkt zu erschließen, indem sie Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsverträge komplett im Internet anbieten. Welche Erfolgschancen räumen Sie diesem Geschäftsmodell bei den teils sehr beratungsintensiven Risikoversicherungen ein?
Nützenadel: Die sogenannten Online-Versicherer fokussieren auf den ersten Blick im Bereich Risikoleben und Berufsunfähigkeit auf verhältnismäßig einfache Produkte, beispielsweise die Absicherung der Restschuld einer Hypothek im Todesfall. Sieht man jedoch genauer hin, dann stellt man fest, dass die meisten Online-Versicherer sich längst weiterentwickelt haben und dem Kunden neben den gewohnten Services im Internet vermehrt Zugänge wie telefonische Beratung zu sehr praktischen Uhrzeiten, Call-Back-Funktionen sowie Chatfunktionen anbieten. Hier wird gegenwärtig das Verständnis von Beratung neu definiert, was wiederum die Marktposition dieser Anbieter weiter stärken wird.
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Weiter heißt es, dass diese Anbieter „auf Provisionen verzichten und eine attraktive Alternative zum Offline-Weg bieten“. Wie sollten traditionelle Versicherer mit dieser neuen Herausforderung umgehen?
Eine von Synpulse und der Hochschule St. Gallen durchgeführte Studie zur Customer Journey hat aufgezeigt, dass Kunden immer öfter Kanäle, Zugangspunkte und Medien wechseln. Die Wahl hängt von sehr vielen und komplex verwobenen Faktoren ab. Nur die großen Häuser haben genug Daten, um die Kundenbedürfnisse wirklich zu verstehen, und die notwendigen Ressourcen, an allen vom Kunden gewünschten Orten zu den richtigen Uhrzeiten mit den richtigen Medien, wie etwa Telefon oder Chat, präsent zu sein.