Das Landgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, warum diese Erwägungen nicht für internetgebundene und unpersönliche Versicherungsvermittlungsangebote gelten sollen. Beratung ist nun einmal ohne persönliche Wissensvermittlung nicht denkbar. Entsprechend versteht der Brockhaus unter Beratung die „persönliche Hilfe oder Einflussnahme in Fragen der Gesundheit, Lebensgestaltung, Erziehung, Berufsfindung u.v.a.“.
Wissenschaftlich wird Beratung im Kern definiert als „polylogische Methodologie der Konnektivierung und Distribution von Wissen und Praxen in interpersonalen Diskursen“. Auf dieses allgemeine Begriffsverständnis hat der Gesetzgeber mit seiner Feststellung aufgesetzt, Beratung sei im Fernabsatz praktisch nicht möglich. Eine unterschiedliche Interessenlage kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sich Versicherer auf den Absatz eigener Produkte beschränken, während Vermittler Produkte verschiedener Anbieter vergleichen und anbieten.
Internetnutzer erwarten keine persönliche Befragung oder Beratung
Denn dies lässt allenfalls den Schluss zu, dass sie eine unterschiedlich umfangreiche Dokumentation erwarten, abhängig davon, ob sie das Angebot eines Versicherers recherchieren oder Versicherungstarife konkurrierender Versicherer. In beiden Fällen erwarten Internetnutzer jedoch keine persönliche Befragung oder Beratung. Daher kann eine Ungleichbehandlung des online erfolgenden Direkt- und Vermittlervertriebes sachlich nicht gerechtfertigt werden.
Der Online-Makler ist jedenfalls dann entsprechend § 6 Abs. 6 VVG von der Befragungs- und Beratungspflicht nach § 61 VVG befreit, wenn er dem Nutzer die Möglichkeit gibt, die Versicherung selbst vergleichend auszuwählen und abzuschließen, ohne zum Makler in persönlichen Kontakt zu treten.
Autor ist Rechtsanwalt Jürgen Evers, Kanzlei Blanke Meier Evers Rechtsanwälte.
Foto: Kanzlei Blanke Meier Evers