Der BGH folgte grundsätzlich der Ansicht der Vorinstanz, welche einen Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben (Paragraf 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) sah, bei welchem sich die Beklagte auf die Befristung der Leistungszusage in der Vereinbarung vom Oktober 2011 berief und Leistungen darüber hinaus ablehnte.
Der Versicherer sei, nach der Ansicht des BGH, wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach – und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen, was der Versicherer jedoch vorliegend machte.
Statt ernsthafter Prüfung befristete Kulanzleistung
Objektiv treuwidrig handelt der Versicherer, der bei einer „naheliegenden“ Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungsverpflichtung jedoch durch ein Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis unterläuft.
Derartige Vereinbarungen fordern vor ihrem Abschluss klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers darauf, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Vereinbarung verändert oder eingeschränkt wird.
Die Beklagte durfte somit auf Basis der vorliegenden Vereinbarung weitere Leistungen für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2012 nicht ablehnen. Erst nach diesem Zeitraum würde eine bedingungsgemäße Leistungsverpflichtung entfallen.
Gutachtenerstellung möglich und zumutbar
Der Beklagten war es zum Zeitpunkt der Vereinbarung möglich und zumutbar gewesen, die Klägerin durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Jedoch sprach zum Zeitpunkt der Vereinbarung bereits viel für eine bereits gegebene Leistungspflicht der Beklagten.
Nach den besonderen Bedingungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung muss der Versicherungsnehmer nur eine – auch nur voraussichtlich – ein halbes Jahr andauernde, den bedingungsgemäßen Grad erreichende Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit belegen.
Der hier vorliegende Nachweis des so geregelten Versicherungsfalles lag auf der Grundlage des für die Bundesagentur für Arbeit erstellten, der Beklagten auch vorliegenden, medizinischen Gutachtens nahe.
Auch war die Klägerin bereits Anfang des Jahres 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Damit war im Ergebnis die Befristung des Versicherers als treuwidrig zu werten und gegenüber dem Versicherungsnehmer als nachteilig anzusehen.
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