Nach Einschätzung von Dr. Stefan M. Knoll, Vorstandschef der Deutschen Familienversicherung (DFV), besteht die Gefahr, dass ein Großteil der Deutschen im Falle einer Pflegebedürftigkeit Hilfe beim Sozialamt beantragen muss. Zudem würden mangelnde Ausbildung, Überstunden und fachfremdes Personal zu massiven Missständen in der Pflege führen.
„Weniger als vier Prozent der deutschen Bevölkerung haben eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen und das obwohl bereits im Jahr 2015 die gesetzliche Pflegeversicherung, Rente und Vermögen bei jedem vierten Pflegebedürftigen nicht mehr gereicht hat, um die Kosten zu tragen“, so Knoll. Es drohe massenhafte Altersarmut.
Mit der Einführung der PSG-II-Reform Anfang 2017 musste nach Angaben der DFV ein Rückgang im Vertrieb der privaten Pflegezusatzversicherungen festgestellt werden. „Es ist ein Skandal, dass das CDU-Bundesgesundheitsministerium aufgrund der vergangenen Bundestagswahl die Bürgerinnen und Bürger im Glauben ließ, dass private Pflegevorsorge wegen des PSG II weniger notwendig ist als dies bisher der Fall war“, kritisiert Knoll. Doch gerade der Eigenanteil bei der stationären Pflege zwinge zur Eigenvorsorge, weil die damit verbundene finanzielle Belastung aus einer Durchschnittsrente nicht finanziert werden könne.
„Massive Missstände“
Knoll bemängelt darüber hinaus, dass mangelnde Ausbildung, geringe Wertschätzung, Überstunden und fachfremdes Personal zu massiven Missständen in der Pflege führten. Eine Studie des Deutschen Institutes für angewandte Pflegeforschung habe vor kurzem herausgefunden, dass jeder dritte Pflegebedürftige Formen von Gewalt erleben müsse und über 29 Millionen Menschen über 60 Jahre Opfer psychischer Gewalt seien. „Die Zahlen zeigen, das System ist überlastet“, schlussfolgert Knoll. (kb)
Foto: Andreas Varnhorn