Auch wenn die Vergütungsvereinbarung bei Vermittlung einer Nettopolice unabhängig von einem wirksamen Zustandekommen des Versicherungsvertrages gelten soll, ist der Versicherungsnehmer bei einem wirksamen Widerruf nicht zur Entlohnung verpflichtet.
Hat ein Versicherungsnehmer einen Nettopolicenvertrag wirksam widerrufen, steht dem Versicherungsvertreter keine Vermittlungsvergütung zu. Dies hatte das Landgericht (LG) Stuttgart in einem Urteil (Az.: 4 S 254/16) vom 15. November 2016 verlautbart.
Vergütung an Vermittlungserfolg gebunden
Der Rechtsanwalt und Experte für Versicherungsrecht Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte bewertet die Tragweite des Urteils:
„Oftmals sind Vergütungsvereinbarungen zur Vermittlung von Nettotarifen so ausgestaltet, dass die Vergütung an den Vermittlungserfolg, das heißt das wirksame Zustandekommen des Versicherungsvertrages, geknüpft ist.
Widerruft der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag wirksam, so fehlt es an einem Vermittlungserfolg und ein Vergütungsanspruch entsteht bereits nach dem Wortlaut vieler Vergütungsvereinbarungen nicht.
Fehlt es an einer solchen Verknüpfung jedoch innerhalb der Vergütungsvereinbarung und soll die Vergütung unabhängig von einem wirksamen Zustandekommen des Versicherungsvertrages entstehen, so bewirkt der Widerruf des Versicherungsvertrages gleichwohl in vielen Fällen, dass der Versicherungsnehmer auch an die Vergütungsvereinbarung nicht mehr gebunden ist.
Urteil übertragbar
Hintergrund ist die Regelung des Paragrafen 9 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), wonach sich der Widerruf des Versicherungsvertrages auch auf die mit diesem verbundenen Verträge auswirkt.
Hiervon erfasst sind typischerweise auch Vereinbarungen zwischen Vermittlern und Versicherungsnehmern im Zusammenhang mit der Vermittlung des widerrufenen Versicherungsvertrages (beispielsweise Honorarvereinbarungen).
Insoweit ist das Urteil des LG Stuttgart durchaus auch auf andere Vergütungsvereinbarungen zur Vermittlung von Nettotarifen übertragbar.“ (nl)
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