Mit einer regelrechten Informationsflut haben Europas Versicherungsunternehmen Kunden und Anleger überschwemmt. Mehr als 100 Seiten zu Geschäftsmodell und Finanzlage legten manche Unternehmen bis Montagmittag im Internet vor.
Die Assekuranzen mussten die Öffentlichkeit erstmals darüber informieren, ob sie Extremereignissen wie massiven Kursturbulenzen an den Kapitalmärkten oder dramatischen Naturkatastrophen gewachsen sind. „Fristgerecht zum 22. Mai haben gut 350 deutsche und mehrere tausend europäische Versicherungsunternehmen erstmals ihren ‚Bericht zur Solvabilität und Finanzlage‘ vorgelegt“, erklärte der Branchenverband GDV am Montag.
Die Veröffentlichungen sollen Aufsichtsbehörden, Maklern, Aktionären und Verbrauchern einen besseren Einblick in die Finanzlage und die Widerstandskraft der Unternehmen geben. Ein zentraler Punkt sind die sogenannten Solvenzquoten. Sie geben Aufschluss darüber, wie ein Versicherer extreme Ereignisse verkraften würde. Eine Quote von unter 100 Prozent gilt als kritisch. Um diese Marke nicht zu reißen, können die Versicherer in den ersten 16 Jahren erleichternde Übergangsregeln in Anspruch nehmen.
Unterschiedliche Berechnungsmodelle
Ein Vergleich der Quoten einzelner Versicherer ist allerdings schwierig, weil es neben Übergangsregeln auch unterschiedliche Berechnungsmodelle gibt. „Die bloße Quote ist ungeeignet als Vergleichsinstrument und kein Kriterium für eine schnelle Kaufentscheidung“, hatte Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund von der Finanzaufsicht Bafin gewarnt.
Nach einer Übersicht des Lebensversicherungs-Aufkäufers Policen Direkt hätten mehrere deutsche Lebensversicherer die entscheidende Schwelle von 100 Prozent teils deutlich verfehlt, wenn sie die mildernden Übergangsregeln nicht in Anspruch genommen hätten.
Die Bafin äußerte sich am Montag zunächst nicht zum Abschneiden der deutschen Versicherer. Eine Einschätzung zum Stand der Branche will die Behörde einem Sprecher zufolge erst im Juni abgeben. (dpa-AFX)
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