6. Habe ich Beratungspflichten, obwohl ich kein Versicherungsberater bin?
Dies wird in vielen Fällen so sein. Dem Zivilrichter ist es egal, ob man aufsichtsrechtlich Versicherungsvermittler oder Versicherungsberater (zukünftig: „Honorar-Versicherungsberater“) ist.
Gerade bei Anlagegeschäften im oben beschriebenen Sinne nimmt die Rechtsprechung sehr schnell ein Beratungsverhältnis mit entsprechenden Beratungspflichten an. Der explizite Abschluss eines Beratungsvertrages mit dem Kunden ist hierfür nicht notwendig.
7. Worin bestehen meine Beratungspflichten?
Die Beratungspflichten betreffen die Geeignetheit des Versicherungsprodukts für den Kunden. Das Produkt muss zu den Bedürfnissen, Erfahrungen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden passen. Bei Anlagegeschäften müssen zudem die aus der Rechtsprechung bekannten Grundsätze der anlegergerechten Beratung beachtet werden.
Hier ist es daher notwendig, ein Anlegerprofil zu erstellen, das neben den genannten Punkten auch Angaben zum Anlagehorizont, zur Risikobereitschaft und zur Risikotragfähigkeit enthält.
8. Gelten diese Grundsätze auch für Versicherungsvertreter?
Ja. Grundsätzlich treffen den Versicherungsvertreter dieselben Pflichten wie den Versicherungsmakler. Solange er transparent in offener Stellvertretung für den Versicherer auftritt, treffen ihn zwar keine eigenen Aufklärungs- oder Beratungspflichten gegenüber dem Kunden, weil er als sogenannter Erfüllungsgehilfe des Versicherers tätig wird.
Dafür ist er in diesen Fällen aber dem Versicherer gegenüber verpflichtet, dessen Aufklärungs- oder Beratungspflichten gegenüber dem Kunden zu erfüllen. Wenn der Versicherungsvertreter hingegen zu wenig Transparenz walten lässt und der Kunde deswegen davon ausgeht, in einem direkten Beratungsverhältnis zum Versicherungsvertreter zu stehen, haftet er dem Kunden gegenüber direkt.
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