Vermittler könnten technisch schon heute von Sprachassistenten wie Alexa, Siri und Co. ersetzt werden. Anders als menschliche Berater besitzen sie bereits das Vertrauen der Kunden. Was steht dem Durchbruch jetzt noch im Wege?
Die Pradetto-Kolumne
Ein Manager präsentiert auf der Bühne. Er versprüht den Esprit und die Innovationskraft eines Bahnmanagers der Achtzigerjahre. Zum Abschluss seiner Präsentation möchte er beweisen, dass auch in ihm noch der Aufbruchsgeist eines StartUps steckt. Was er präsentieren wird, hat die Branche noch nicht gesehen.
Man würde erwarten das hier ein InsurTech neue Wege geht oder ein mächtig investierender Branchenriese wie Allianz oder Axa wegweisendes präsentiert, doch tatsächlich ist es die die kleine Deutsche Familienversicherung, die stolz das erste Kaufgespräch mit Amazons Echo live auf der Bühne vorführt. Das entsprechende Video hat schnell die Runde in der Branche gemacht.
Wow! Gilt auch hier, dass nicht die Großen die Kleinen fressen, sondern die schnellen die langsamen? Steht die Zukunft schon vor der Tür in der die digitalen Assistenten von Amazon, Google oder Apple in Kürze die Beratung der Kunden übernehmen?
Zunächst einmal Gratulation an die Deutsche Familienversicherung. Der Marketing-Coup ist gelungen. Dann aber: Mehr ist es auch vorerst nicht. Wer technologisch etwas bewandert ist weiß, dass nicht allzu viel dahinter steckt.
Technische Möglichkeiten von Echo noch begrenzt
Amazon Echo ist wenig mehr als ein Lautsprecher, der per Sprache gesteuert wird. Der Lautsprecher verbindet sich mit dem Sprachservice „Alexa“ und kann dann Befehle identifizieren, um so etwa Musik und Nachrichten abzuspielen oder Produkte bei Amazon zu bestellen.
Programmierer können die Fähigkeiten erweitern indem sie Alexa-Anwendungen – sogenannte „Skills“ – programmieren. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Deep-Learning, das für komplexe Beratungen nötig wäre.
Stattdessen ist das Wortverständnis von Sprachassistenten wie Alexa oder Siri von vornherein auf spezifische Anwendungen eingegrenzt, weswegen es relativ leicht ist, Anwendungen hinzuzufügen. Dabei wird das Gesagte aber keiner grammatikalischen oder Kontext-abhängigen Analyse unterworfen.
Simple Programmierung wird zur Marketing-Aktion
Mit anderen Worten: Die Deutsche Familienversicherung hat eine Anwendung programmiert bei der ganz spezifische Fragen auf eine ganz spezifische Art und Weise beantwortet werden.
Hätte der Moderator nur geringfügig verändert gefragt, wäre die Demonstration gescheitert. Die vermeintliche Spitzentechnologie ist ein Marketing-Bluff. Die Programmierzeit dürfte weniger als eine Woche betragen haben. Eine Umsatzexplosion der Familienversicherung dank Alexa wurde bislang auch nicht verzeichnet.
Offenbar kamen die Kunden also bislang nicht auf die Idee ihren Digital-Assistenten zu nutzen, um nach dem vorgegebenen Muster nach einer Zahnzusatzversicherung zu fragen und das wird aller Voraussicht nach in nächster Zeit auch nicht passieren. Wäre die ganze Aktion mehr als ein Marketing-Gag, hätten andere längst nachgezogen.
Seite zwei: Branchenriesen weiterhin im Vorteil