Nach einer aktuelle Forsa-Umfrage für den GDV entscheiden sich rund zwei Drittel der Deutschen bei Fälligkeit ihrer privaten Rentenversicherung für eine einmalige Kapitalzahlung – und gegen eine lebenslange Rente. Und dass, obwohl sie geplant hatten, mindestens 80 Prozent ihres Lebensunterhalts auf fixen Rentenzahlungen bestreiten zu wollen.
Vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Lebenserwartung der völlig falsche Ansatz, findet Prof. Dr. Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (Ifa) in Ulm. Der Wissenschaftler hat zusammen mit seinem Kollegen Stefan Schelling im Auftrag des GDV untersucht, warum sich viele Menschen bei der Frage der Verrentung rational falsch entscheiden und welche Probleme das nach sich zieht.
Der große Denkfehler
Den Grund für diese Entscheidung ist laut Ruß ein Denkfehler: „Lieber das gesamte Geld jetzt sofort auf dem Konto.“ Denn bei einer Rentenversicherung sei eben nicht die Renditemaximierung das Ziel, sondern die lebenslange finanzielle Absicherung einer unbekannten Lebensdauer. „Das Risiko, länger zu leben, als das angesparte Geld reicht, ist eines der am meisten unterschätzen finanziellen Risiken“, sagte Ruß.
Aus dem Grund plädiert der Wissenschaftler für eine Rentenauszahlung des angesparten Altersvorsorge-Vermögens. Im Gegensatz zu einer einmaligen Kapitalzahlung sichere die lebenslange Rente die finanziellen Anforderungen der meisten Menschen bis zum Lebensende besser ab, lautet das Ergebnis seiner Untersuchung.
Kaum noch Raum für Extras
„Private Altersvorsorge wird in Zukunft von vielen nicht mehr für die Finanzierung von Extras, sondern zur Sicherung des gewünschten Lebensstandards im Alter benötigt“, sagte Studienautor Jochen Ruß vom Ulmer Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften am Donnerstag in Berlin. „Da man einerseits den gewünschten Lebensstandard bis zum Tod erhalten will und andererseits nicht vorhersagen kann, wie alt man wird, besteht ohne eine lebenslange Rente ein Risiko, länger zu leben, als das Geld reicht“, so Ruß.
Deutsche unterschätzen ihre Lebenserwartung
Weiteres zentrales Ergebnis der Studie: Trotz der kontinuierlich alternden Gesellschaft in Deutschland ist das Bewusstsein über die stets weiter steigende Lebenserwartung in vielen Köpfen noch nicht angekommen. „Viele denken bei der Lebenserwartung an ihre eigenen Eltern oder Großeltern und ziehen daraus Rückschlüsse für ihren eigenen Lebenshorizont“, sagte GDV-Altersvorsorgeexperte Peter Schwark.
Dabei steige die Lebenserwartung von Generation zu Generation stark an. Ein im Jahr 1990 geborener Mann werde im Durchschnitt neun Jahre älter als ein 1960 geborener. Frauen hätten im selben Zeitraum um sieben Jahre zugelegt.
Um das Wissen über die steigende Lebenserwartung breiter zu verankern, wäre es hilfreich, wenn das Statistische Bundesamt etwa im Rahmen der jährlichen Renteninformation vor allem über die Lebenserwartung einschließlich des zu erwartenden weiteren Zuwachses informiere, schlägt Schwark vor. (dr)
Foto: Ifa, Ulm