Es ist ein verbreitetes Vorgehen, dass sich Ausschließlichkeitsvertreter nach erfolgter Kündigung des Agenturvertrages Daten des betreuten Vertragsbestandes zu verschaffen suchen. Das OLG München hatte sich jüngst mit der Frage beschäftigt, ob ein Handelsvertreter, der Bestandsdaten vom Server des Unternehmers lädt, einen wichtigen Grund zur Kündigung setzt.
Gastbeitrag von Jürgen Evers, Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht
Nach einem Streitgespräch hatte der Unternehmer dem als Leistungsträger tätigen Ehemann einer selbst nicht tätigen Agenturinhaberin Hausverbot erteilt.
Dieser lud daraufhin umfangreiches Datenmaterial über den ihm eingeräumten Account aus den Datenbanken des vertretenen Unternehmens auf seinen privaten E-Mail Account im Home-Office herunter.
Der Unternehmer nahm dieses Verhalten zum Anlass den Vertretervertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Der Vertreter wies die fristlose Kündigung zurück und kündigte seinerseits außerordentlich den Vertretervertrag.
Landgericht entschied für Unternehmer
Schon vor dem Landgericht (LG) Ingolstadt war der Vertreter mit seiner Klage gescheitert, soweit er Ausgleich und Schadenssatz begehrt hatte. Das LG sah die Kündigung des Unternehmers als wirksam an. Die dagegen gerichtete Berufung blieb erfolglos.
Der 23. Zivilsenat begründete die Berufungsentscheidung unter anderem wie folgt: Die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Vertretervertrages erfordere nicht, dass in der Kündignugserklärung nach Maßgabe des Paragrafen 89 a HGB Gründe für die Kündigung angegeben werden.
Maßgeblich für die Prüfung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung seien vielmehr alle Gründe, die zum Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorgelegen haben.
Unbefugte Speicherung von Datensätzen ist Kündigungsgrund
Ein Grund rechtfertige eine außerordentliche Kündigung dann, wenn er so schwer wiege, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung oder bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung nicht zugemutet werden kann.
Für die Kündigung eines Handelsvertretervertrages liege ein wichtiger Grund vor, wenn der für den Vertreter tätige Leistungsträger unbefugt umfangreiche Datensätze des Unternehmers, die zur Erfüllung der Tätigkeit des Vertreters nicht erforderlich sind und die Geschäftsinterna zum Gegenstand haben, auf seinem privaten PC speichere.
Unwichtig sei, ob ein vom Unternehmer ausgesprochenes Hausverbot die Anordnung einschließe, dass der Vertreter die Firma auch nicht mehr „online“ betreten dürfe.
Seite zwei: Ermittlungsverfahren gegen Vertreter