Der Gesetzgeber hat 2012 die Stornohaftung für private Krankenvollversicherungen auf 60 Monate erhöht. In Berlin hatte das Landgericht nun über einen Fall zu entscheiden, der zeigt, dass die Stornohaftung existenzvernichtende Wirkungen entfalten kann.
Gastbeitrag von Jürgen Evers, Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht
Ein Versicherer hatte im Streitfall seinen gebundenen Agenten auf Rückzahlung unverdienter Provisionen in Anspruch genommen. Zwischen den Parteien war für Krankenversicherungstarife eine Stornohaftungszeit von 12 Monaten vereinbart worden.
Der Vertreter hatte einer Verlängerung der Haftungszeit widersprochen. Er betreute unter anderem mehrere Botschaften, deren Diplomaten, Mitarbeiter und Familien. Zu den betreuten Kunden gehörte auch die Botschaft des Staates Libyen.
Im Juni 2013 beantragte der neue Botschafter von Libyen auf Vermittlung des Vertreters eine Krankenvollversicherung. Der Versicherer lehnte die Policierung wegen einer Vorerkrankung ab. Der Vertreter bemühte sich vergeblich, den Versicherer zur Deckung des Risikos zu bewegen.
Botschafter reichte Beschwerde ein
Es kam wie es kommen musste: Die Botschaft kündigte unter dem 30.09.2014 sämtliche bei dem Versicherer für ihre Mitglieder und deren Angehörige geschlossenen Krankenvollversicherungen.
Der Vertreter informierte die Botschaftsmitarbeiter darüber, dass die Kündigung zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin wirksam werde. Daraufhin beschwerte sich der Botschafter bei dem Versicherer.
Er beanstandete die Kontaktaufnahme zu den Versicherten mit dem Ziel, sie zur Fortsetzung der gekündigten Vertragsverhältnisse zu bewegen. Zugleich forderte er den Versicherer auf, eine künftige Einmischung durch den Vertreter in die innerbetrieblichen Vorgänge der Botschaft zu unterbinden.
Versicherer in erster Instanz erfolgreich
Der Versicherer bestätigte die fristgerechte Kündigung einiger Versicherungen zum Ablauf des Jahres, verwies wegen weiterer Verträge jedoch darauf, dass die Mindestvertragslaufzeit noch nicht abgelaufen sei.
Die Kündigung sei daher erst zum Ablauf des Folgejahres möglich. Nachdem die Botschaft anschließend ausdrücklich gewünscht hat, sämtliche Verträge zum Jahresende zu beenden, kam der Versicherer dem Wunsch schließlich nach.
Der Versicherer forderte den Vertreter erfolglos zur Rückzahlung der unverdienten Provisionen in Höhe von 141.893,40 Euro auf und erhob anschließend Klage. Das Landgericht gab der Klage im Wesentlichen aus den nachstehenden Gründen statt.
Seite zwei: Provisionsanspruch abhängig von Prämienzahlung