Der zwölfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass ein Ehegatte die auf seinen Partner laufende Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug auch ohne dessen Vollmacht kündigen kann.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Fahrzeug der Marke BMW 525d. Mit einem vom Ehemann unterzeichneten Schreiben vom 22. Dezember 2014 wurde die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug zum 1. Januar 2015 gekündigt.
Die Versicherung fertigte daraufhin einen – die Vollkaskoversicherung nicht mehr enthaltenden – neuen Versicherungsschein und erstattete überschießend geleistete Beiträge. Das versicherte Fahrzeug wurde im Oktober 2015 bei einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 12.601,28 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Mit Schreiben vom 14. Januar 2016 widerrief die Klägerin die Kündigung der Vollkaskoversicherung.
Das Landgericht Ellwagen hatte die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe der Reparaturkosten abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 300 Euro sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 958,18 Euro begehrt, abgewiesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart wies ihre Berufung zurück. Auch die Revision der Klägerin blieb nun ohne Erfolg.
Der BGH hat die Urteile der Vorinstanzen bestätigt und entschieden, dass Paragraf 1357 BGB, wonach jeder Ehegatte berechtigt ist, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen, auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung gelten kann.
Ausreichender Bezug zum Familienunterhalt
Voraussetzung hierfür sei zunächst, dass auch der Abschluss des Versicherungsvertrags ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie darstellt. Das wiederum richte sich nach dem individuellen Zuschnitt der Familie. Danach könne auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des Paragrafen 1357 Absatz 1 BGB fallen, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt vorliegt. Ein solcher Bezug sei nach den von den Instanzgerichten getroffenen Feststellungen hier gegeben – unter anderem, weil es sich bei dem versicherten Pkw um das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie handelte.
Fällt der Abschluss des Versicherungsvertrags unter Paragraf 1357 Absatz 1 BGB, begründe die hieraus folgende Mitberechtigung für beide Ehegatten die Stellung von Gesamtgläubigern. Zwar können Gesamtgläubiger laut BGH eine Kündigung grundsätzlich nur gemeinsam aussprechen, diese Rechtsfolge werde aber von der Regelung des Paragrafen 1357 Absatz 1 BGB überlagert.
Kündigung konnte nicht einseitig widerrufen werden
So wie es den Eheleuten danach möglich sei, für und gegen ihre jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, müsse es ihnen spiegelbildlich erlaubt sein, sich hiervon auch mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen.
Die Klägerin konnte die Kündigung laut BGH auch nicht einseitig widerrufen, weil diese als rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt zur Folge hatte. (kb)
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