Pensionsrückstellungen: 
Wie Unternehmen sich wappnen

Trotz anhaltendem Zinstief müssen Unternehmen Pensionsverpflichtungen in der Steuerbilanz weiter mit sechs Prozent abzinsen. Das ist teuer – und läuft der Intention zuwider, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken. Wird das Bundesverfassungsgericht einschreiten?

Gastbeitrag von Jürgen Helfen und Martin Knappstein, PwC

Martin Knappstein (links) und Jürgen Helfen: „Aus Sicht der Unternehmen sprechen gewichtige Argumente für Direktzusagen.“

Es dürfte wenige Ziele geben, bei denen ein derart breiter Konsens herrscht: Ökonomen, Politiker und Wirtschaftsvertreter propagieren einhellig, dass wir die betriebliche Altersvorsorge stärken müssen.

Schließlich ist die zweite Säule des deutschen Vorsorgesystems nicht nur ein entscheidendes Element im Kampf gegen Altersarmut, sondern im Zuge des Fachkräftemangels auch ein zunehmend wichtiges Instrument für Unternehmen, um qualifizierte Kandidaten zu gewinnen und zu binden.

Für das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung deshalb viel Zustimmung erhalten. Niedrigere Haftungsrisiken für Arbeitgeber und andere Erleichterungen sollen dazu führen, dass deutlich mehr Arbeitnehmer über ihren Betrieb fürs Alter vorsorgen.

Direktzusage sollte gestärkt werden

Ob das Kalkül aufgeht, ist jedoch offen. Das liegt auch am anhaltenden Zinstief, das für niedrigere Renditen sorgt und entsprechend die Vorsorgebereitschaft vieler Bürger dämpft.

Auf betrieblicher Ebene kommt ein weiteres Problem hinzu: Auch wenn die Direktzusagen von den wesentlichen Regelungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes ausgenommen sind, so repräsentieren sie nach wie vor den relevantesten Durchführungsweg in Deutschland.

Eine flächendeckende Stärkung der Betriebsrente ist kaum möglich, ohne auch die Direktzusage zu stärken. Unternehmen, die Mitarbeitern eine Pension zusagen, müssen dafür derzeit erhebliche Steuernachteile in Kauf nehmen.

Steuerliche Rückstellungen zu niedrig

Denn die steuerbilanziellen Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen sind trotz des Niedrigzinsumfelds unverändert mit sechs Prozent abzuzinsen. Dieser Satz gilt seit 1982.

Dadurch fallen die steuerlichen Rückstellungen deutlich niedriger aus als die handelsrechtlichen, die Unternehmen zum Stichtag am 31. Dezember 2017 mit 3,68 Prozent abzinsen mussten (beziehungsweise 2,8 Prozent für die Bemessung des ausschüttungsfähigen Gewinns).

Nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) sind die Abzinsungssätze mit 0,4 bis 2,2 Prozent sogar noch niedriger. Im Ergebnis liegen die handelsrechtlichen Rückstellungen somit häufig doppelt so hoch wie die steuerbilanziellen.

Das bedeutet: Unternehmen können ihren Pensionsaufwand also nicht periodengerecht steuerlich geltend machen, sondern erst Jahre oder gar Jahrzehnte später.

Rechnungszins macht bAV unattraktiver

Lange Laufzeiten verschärfen das Problem; gerade bei jüngeren Arbeitnehmern ist der Unterschied zwischen steuerbilanzieller und handelsrechtlicher Pensionsrückstellung deshalb prozentual besonders hoch. Für Unternehmen ist es somit besonders unattraktiv, jungen Mitarbeitern eine Pension zuzusagen.

Während der Gesetzgeber auf der einen Seite betriebliche Altersvorsorge fordert und fördert, macht er sie also auf der anderen Seite durch den sechsprozentigen Rechnungszinsfuß unattraktiver.

Allerdings gibt es für Unternehmen einen Hoffnungsschimmer: Das Finanzgericht Köln hält den sechsprozentigen Rechnungszins für verfassungswidrig und hat deshalb im November 2017 das Bundesverfassungsgericht angerufen (Az.: 10 K 977/ 17).

Seite zwei: Gesetzgeberische Reaktion ist überfällig“

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