Immer mehr Menschen in Deutschland pflegen ältere oder kranke Angehörige. Gerade für Studenten kann das zum Hindernis für die eigenen Pläne und Ambitionen werden. Ob die Pflege eines Familienmitglieds als Grund für die Verlängerung des Bafög ausreicht, entschied kürzlich das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis.
Wie das OVG Saarlouis am 06. Juli dieses Jahres beschloss, sind Studenten durch die Pflege eines demenzkranken Angehörigen nicht berechtigt, länger Bafög zu beanspruchen. Demnach sei die Pflege erkrankter Eltern kein „schwerwiegender Grund“ für einen verlängerten Bafög-Bezug.
In dem konkret verhandelten Fall hatte die Klägerin zuletzt Englisch, Geschichte und Erziehungswissenschaft für das Lehramt an Real- und Gesamtschulen studiert.
Um während dieses Studiums ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können, war sie auf Bafög-Leistungen angewiesen, deren Förderungshöchstdauer jedoch im März 2015 endete. Das Gesetz lässt eine längere Förderung nur wegen eines „schwerwiegenden Grundes“ zu.
Klägerin berief sich auf Pflegegesetze
In diesem Zusammenhang verwies die Studentin auf die schwere Demenz-Erkrankung ihres Vaters. Diesen habe sie an zwei Tagen der Woche gepflegt, um ihrer Mutter zu ermöglichen, an diesen Tagen zur Arbeit zu gehen.
Die Klägerin berief sich dabei auch auf die jüngsten Neuregelungen von Familienpflegezeitgesetz und Pflegezeitgesetz für Berufstätige. Diesen zufolge stehen Arbeitnehmern mehr zeitliche Flexibilität und Sicherheit zu, wenn sie Angehörige pflegen.
Nach Argumentation der Studentin müsse dies auch für Studenten gelten und die Pflege ihres Vaters als „schwerwiegender Grund“ für die Verlängerung der Bafög-Leistungen anerkannt werden.
Dementer Vater ist kein „schwerwiegender Grund“
Das Verwaltungsgericht des Saarlandes wies die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2018 ab, da die Betreuung kranker Eltern den Bafög-Vorschriften zufolge kein „schwerwiegender Grund“ sei. Diese Entscheidung wurde nun durch das OVG bestätigt.
Die sogenannten „schwerwiegenden Gründe“ können laut OVG subjektive oder objektive äußere Gründe sein. Die Pflege des an Demenz erkrankten Vaters sei allerdings kein Grund, „der in subjektiver oder objektiver Hinsicht als ausbildungsbezogen anerkannt werden kann“, so die Verwaltungsrichter.
Pflegegesetze zielen nur auf Arbeitnehmer ab
Dem Gesetz nach könne zwar die Pflege des eigenen Kindes ein „schwerwiegender Grund“ für eine längere Förderdauer sein. Eine Pflege erkrankter Angehöriger sei jedoch vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich als Verlängerungsgrund genannt worden.
Demnach sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dies nicht gewollt habe. Die Klägerin habe zudem alternativ auch ein Urlaubssemester nehmen und Leistungen von anderen Sozialträgern beanspruchen können.
Auch könne sie sich nicht auf die Regelungen des Familienpflegezeit- und Pflegezeitgesetzes berufen, da diese ausdrücklich auf eine Begünstigung von abhängig Beschäftigten abzielen. Mangels einer vergleichbaren Konfliktsituation bestehe kein Anlass auf eine entsprechende Anwendung auf Studierende. (bm)
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