Seit dem 1. Januar 2018 ist beim Vertrieb von verpackten Anlageprodukten (PRIPs) an Kleinanleger und beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten ein Key Information Document (Basisinformationsblatt oder „PRIIP-KID“) zu verwenden. Mittlerweile liegen erste Erfahrungen vor. Jan C. Knappe, Kanzlei Dr. Roller & Partner Rechtsanwälte, stellt haftungsträchtige Fallstricke für Vermittler vor.
Fallstrick 1: fehlerhafte PRIIP-KIDs
Die Rechtslage scheint eindeutig: Der Hersteller, also in der Regel der Emittent, ist für die Erstellung des Basisinformationsblatts verantwortlich, der Vertrieb muss dieses PRIIP-KID dann beim Kundenkontakt einsetzen. Wer aber haftet, wenn sich das Basisinformationsblatt als fehlerhaft erweist? Die europäische PRIIP-Verordnung beantwortet diese Frage nur dahingehend, dass nach Art. 11 eine zivilrechtliche Haftung des Herstellers grundsätzlich möglich ist. Die zivilrechtliche Haftung des Vertriebs für fehlerhafte Basisinformationsblätter wird in der PRIIP-Verordnung hingegen nicht geregelt, vielmehr wird insoweit auf das jeweils einschlägige nationale Recht verwiesen.
Soweit das deutsche Recht betroffen ist, kommt an dieser Stelle die Rechtsprechung zur Plausibilitätsprüfung ins Spiel. Diese Rechtsprechung ist ursprünglich für die fachkundige Prüfung von Prospektmaterial entwickelt worden. Es ist aber zu erwarten, dass die Rechtsprechung die Plausibilitätsprüfungspflicht auch auf weiteres Informationsmaterial wie beispielsweise Informationsblätter ausweiten wird. Entwickelt man die bisherigen Maßstäbe entsprechend weiter, gelangt man zu folgendem Ergebnis: Anlagevermittler und Versicherungsvermittler haben Basisinformationsblätter daraufhin zu überprüfen, ob die darin enthaltenen Informationen plausibel sind und im Einklang mit Prospekt- und Marketingmaterial stehen.
Fallstrick 2: falsches Informationsblatt
Ob die Rechtsprechung darüber hinaus auch verlangen wird, dass der Vertrieb eigenständig prüft, ob und wenn ja welches Informationsblatt für das betreffende Produkt im Vertrieb eingesetzt werden muss, lässt sich heute noch nicht absehen. Angesichts des Nebeneinanders diverser Kategorien von Kurzinformationsblättern (Basisinformationsblatt nach der PRIIP-Verordnung, wesentliche Anlegerinformationen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem Vermögensanlagengesetz, Informationsblatt nach dem Wertpapierhandelsgesetz, Produktinformationsblatt nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz) und der im Einzelfall diffizilen Zuordnung konkreter Anlageprodukte in die entsprechenden Kategorien besteht die naheliegende Gefahr, dass der Hersteller eines Produkts sich für das falsche Informationsblatt entscheidet.
Nun könnte man denken, dass derartige Fehlentscheidungen auf Ebene des Produktgebers keine Haftungsfolgen für den Vertrieb zeitigen können, frei nach dem Motto: Hauptsache Informationsblatt. In diesem Zusammenhang darf aber nicht übersehen werden, dass die Pflichten der PRIIP-Verordnung von vornherein nur durch PRIIP-KIDs und nicht durch andere Informationsblätter erfüllt werden können. Mit anderen Worten: Der Einsatz des falschen Informationsblatts führt automatisch zu einer Rechtsverletzung gegenüber den betroffenen Kunden. Es ist daher jedem Vermittler ans Herz zu legen, vor Vertriebsbeginn zu prüfen, ob der Produktgeber sich für die richtige Kategorie an Informationsblättern entschieden hat.
Seite zwei: In welchen Fällen ein Basisinformationsblatt übergeben werden muss