Die Zinsflaute trifft Lebensversicherungskunden hart – die Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers sinkt. Für Verbraucherärger sorgen Einschnitte durch eine Reform. Nun werden sie überprüft.
Viele Jahre eingezahlt, jetzt wird die Lebensversicherung fällig – und dann die Enttäuschung: Die Summe fällt seit einiger Zeit häufig kleiner aus als von den ausscheidenden Kunden erhofft.
Der Bund der Versicherten (BdV) will das nicht hinnehmen. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe streitet er nun für ein Grundsatz-Urteil.
Worum geht es?
Um die Frage, wie viel Geld den Versicherten am Laufzeit-Ende aus den sogenannten Bewertungsreserven zusteht. Versicherer legen die Kundengelder am Kapitalmarkt an, größtenteils in festverzinslichen Papieren wie Staatsanleihen. Bewertungsreserven entstehen, vereinfacht gesagt, wenn der aktuelle Marktpreis der Kapitalanlagen höher ist als der Kaufpreis.
Das ist bei festverzinslichen Papieren der Fall, wenn die Zinsen sinken – dann steigt der Wert älterer Papiere mit höherem Zins in der Bilanz.
Ausscheidende Kunden waren bis zu einer Gesetzesänderung 2014 an diesen Buchgewinnen in jedem Fall anteilig zur Hälfte zu beteiligen. Entsprechend hoch fielen in der Niedrigzins-Phase die Ausschüttungen aus.
Was ist das Problem?
Klassische Renten- und Lebensversicherungen leiden selbst unter der Zinsflaute: Die Versicherer können die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit kaum noch am Kapitalmarkt erwirtschaften. Die Leidtragenden sind die vielen Versicherten, deren Verträge noch länger laufen.
Wenn die Assekuranzen hochprozentige Papiere jetzt verkaufen müssen, um scheidende Kunden an den üppigen Reserven zu beteiligen, geht das in der Zukunft zu ihren Lasten. Um die Branche zu stabilisieren, hat 2014 der Gesetzgeber eingegriffen.
Mit welchen Folgen?
Die Assekuranzen dürfen Kursgewinne aus festverzinslichen Wertpapieren nur noch in dem Maße ausschütten, wie Garantiezusagen für die restlichen Versicherten sicher sind.
Für Aktien und Immobilien gilt diese gesetzlich verordnete Kappung nicht. Den größten Teil der Kundengelder legen Versicherer allerdings in festverzinslichen Papieren an.
Im Fall des Versicherten, den der BdV vor Gericht vertritt, bedeutete das: Kurz vor Inkrafttreten der Änderungen hatte ihm die zum Ergo-Konzern gehörende Victoria Lebensversicherung unter Vorbehalt eine Beteiligung an den Bewertungsreserven von 2821,35 Euro in Aussicht gestellt. Tatsächlich bekam er wenig später nur 148,95 Euro.
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