Es gibt in Deutschland rund 13.600 Pflegeheime mit rund 730.000 Beschäftigten, die rund 780.000 Pflegebedürftige vollstationär betreuen. Künftig sollen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bei der Suche nach einem Heim auf aussagekräftige Bewertungen durch einen Pflege-TÜV vertrauen können.
„Es dürften erhebliche Unterschiede zwischen den Einrichtungen sichtbar werden“, sagte der Bielefelder Pflegewissenschaftler Klaus Wingenfeld der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Wingenfeld leitet ein Projekt, das die Grundzüge eines neuen Pflege-TÜV liefern soll.
Beim Pflege-TÜV werden Heime und Pflegedienste vom Medizinischen Dienst der Kassen geprüft und benotet. Der Hauptkritikpunkt an den online abrufbaren Benotungen ist mangelnde Aussagekraft. So erzielten im Juli die Pflegeheime eine bundesweite Durchschnittsnote von 1,2. Von Land zu Land variieren die Noten zwischen 1,1 und 1,4. Mit solchen durchgängigen Traumnoten dürfte künftig Schluss sein, sagte Wingenfeld.
Reform längst überfällig
Die Reform des Pflege-TÜV ist seit langem überfällig. Bereits mit einer 2015 in Kraft getretenen Pflegereform beauftragte der Gesetzgeber die Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen und Kommunen bis März 2017 ein neues Prüfverfahren zu entwickeln. Die Vertreter der Heime und der Kostenträger kommen dazu in einem Gremium namens Qualitätsausschuss zusammen. Doch es gab immer wieder Verzögerungen.
Bis Ende Juli wollen die Wissenschaftler um Wingenfeld dem Qualitätsausschuss nun ihren Abschlussbericht vorlegen. Die bisherigen Heim-Prüfungen krankten vor allem daran, dass die Prüfer schwerpunktmäßig die Dokumentation der Heime prüften, also das Festhalten der Pflege-Arbeit in ihren Unterlagen.
Neuerdings soll geschaut werden, wie gut die Pflege wirklich ist: Wie häufig sind Sturzverletzungen? Liegen sich Heimbewohner wund? Wie hat sich ihre Mobilität binnen der letzten sechs Monate entwickelt? Dazu müssen die Heime die entsprechenden Vorkommnisse erst einmal erfassen
Qualitätsunterschiede sollen sichtbar werden
Die Prüfer sollen dann stichprobenartig prüfen, ob die Daten vertrauenswürdig sind. Aber auch weitere Vor-Ort-Prüfungen sollen in die Heimbewertung einfließen. Zur Information sollen Menschen auf Heimsuche noch nachlesen können, ob ein Heim beispielsweise Haustiere zulässt oder spezielle Angebote für Menschen mit ausländischen Wurzeln hat.
Geht es nach Wingenfeld, dessen Institut hier mit dem Göttinger Aqua-Institut zusammenarbeitet, soll der neue Pflege-TÜV mit dem alten wenig gemeinsam haben. „Qualitätsunterschiede und -defizite werden sichtbar“, sagt er. Statt der Noten könnten die Menschen beispielsweise an Symbolen oder Punkten sehen, wie gut die Heime sind. Wingenfeld führt frühere Projekte mit einem System aus fünf Bewertungen als mögliche Vorbilder an: weit über Durchschnitt; etwas über Durchschnitt; nah am Durchschnitt; etwas unter Durchschnitt, weit unter Durchschnitt.