Pensionskassen geraten in Verruf. Grund dafür sind ihre fehlenden liquiden Mittel zur Auszahlung der vereinbarten Renten. Bereits zu Beginn des Jahres verbietet die BaFin Caritas und Kölner Pensionskasse das Neugeschäft. Nun teilt die Deutsche Steuerberater-Versicherung mit, ihr Eigenkapital aufgebraucht zu haben. Was dies für Betroffene bedeutet und worin die Ursachen zu sehen sind.
Die Deutsche Steuerberater-Versicherung ist seit 1967 die Pensionskasse für die steuerberatenden Berufe in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Rund 8.000 versicherte Personen aus dem Kreis der steuerberatenden Berufe haben Rentenversicherungsverträge bei ihr abgeschlossen. Sie verfügt über Kapitalanlagen von rund 1 Mrd. €. Sie hat kein Trägerunternehmen.
Was jetzt passiert ist
Am 30.04.2019 wurde vom Vorstand der Entwurf eines Jahresabschlusses 2018 erstellt. Darin wird eine erhebliche Verstärkung der Deckungsrückstellungen zur Zinsvorsorge berücksichtigt. Diese wird erforderlich aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase, der sich die Deutsche Steuerberater-Versicherung trotz eines soliden Kapitalanlagenmanagements nicht länger entziehen kann.
„Durch ihre umsichtige Anlagepolitik mit Nettoverzinsungen von über 4 % bis zum Jahr 2017 konnte die Deutsche Steuerberater-Versicherung die Herausforderungen der Niedrigzinsphase sowie der steigenden Lebenserwartung ihrer Versicherten in den vergangenen Jahren gut meistern. So wurde bereits in der Vergangenheit mit Hilfe der aus den Kapitalanlagen erzielten Zinserträge die Vorsorge für Zinsrisiken und biometrische Risiken systematisch verstärkt, um die dauerhafte Erfüllbarkeit der Ansprüche der Versicherten sicherzustellen.“, teilt die Deutsche Steuerberater-Versicherung in einer Pressemitteilung Mitte der Woche mit.
Was dies für Betroffene bedeutet
Weiter heißt es: „Die Verstärkung der Deckungsrückstellungen führt in dem Entwurf des Jahresabschlusses 2018 zu einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 158 Mio. €, was ca. 13 % der Deckungsrückstellung entspricht. Der zu erwartende Fehlbetrag führt zu einem vollständigen Verzehr der Eigenmittel mit der Konsequenz, dass die Deutsche Steuerberater-Versicherung die Mindestkapitalanforderung nicht mehr erfüllt.“
Für Betroffene bedeutet dies, dass erst nach Vorlage und Annahme eines Sanierungskonzepts das Ausmaß für jeden Einzelnen beziffert werden kann. Sicher scheint jedoch, dass auch bestehende Renten und Verträge Kürzungen hinnehmen müssen. Bei der ebenfalls betroffenen Caritas liegt das Ausmaß laut Geschäftsführer Olaf Keese bei etwa 25 Prozent. Dies teilt er im Interview mit der FAZ mit.
Besonders ärgerlich ist dies, da nicht alle Pensionskassen nicht über den Sicherungsfonds für Lebensversicherung gestützt werden. Auch haben es nicht alle Kassen geschafft, dem Sicherungssystem Protektor beizutreten. Somit besteht wenig bis gar keine Sicherung vor Insolvenz und dem vollständigen Ausbleiben von Zahlungen. Versicherungsmakler Dirk Viebrock, Geschäftsführer der FairValue Group GmbH, greift das Thema bereits im Dezember auf und erläutert, worauf sich Versicherte nun gefasst machen müssen.
Welche Gründe es wirklich gibt
Als Ursache für Ihre prekäre Lage geben Pensionskassen unterschiedliche Gründe an. Als Hauptargument werden die andauernden niedrigen Zinsen genannt. Ein Blick in die Schweiz zeigt ähnliche Probleme wie in Deutschland: Neben den niedrigen Zinsen führt Michael Ferber für die NZZ zwei weitere Argumente an: Es geht auch um das steigende Lebensalter und die sich daraus ergebende längere Auszahlung von Renten, sowie ausbleibende politische Reformen.
Als Möglichkeit zur Rettung nennt Färber drei Optionen: Es können höhere Beiträge bezahlt werden, die Einzahlungsdauer kann verlängert werden oder das Minus wird durch Sonderzahlungen ausgeglichen. Sicher ist er sich jedoch auch darüber, dass Sparer in jedem Fall Kürzungen erwartet und sie lediglich den Umfang dieser reduzieren können.
Grundlage von Gegenmaßnahmen sind jedoch eine genaue Kenntnis der Probleme. Diese ist nicht bei jedem Unternehmen gegeben, wie auf dem Pensionskassentag 2019 von Willi Towers Watson mehrfach durch Referenten kritisiert wird. So steht bei der im Mai in Köln abgehaltenen Veranstaltung eine düsterer Ausblick im Fokus: Es werden auch künftig weitere Kassen ihren Rechnungszins absenken müssen, da die gewählten Kapitalanlagestrategien nicht die benötigten Renditen abwerfen.
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