Projekt Anlegen mit gutem Gewissen

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Ab 2021 soll die Nachhaltigkeit die Nische endgültig verlassen und zu einem europaweiten oder globalen Trend werden. Faktoren, warum das klappen könnte gibt es genug. Speziell ein bis dato anders eingeschätzter Faktor hat das Potenzial, zum Nachfrage-Turbo zu werden.

Die Altersvorsorge ist tot, es lebe die Altersvorsorge ist man versucht auszurufen. Das Thema Alterssicherung ist seit Jahren ein schwer zu vermittelndes.

Insbesondere das Zinsdilemma sorgt bei vielen Deutschen für eine gewisse Sparmüdigkeit. Ausgerechnet die Coronapandemie könnte der Altersvorsorge neues Leben einhauchen. Zumindest zeichnen viel Marktteilnehmer ein durchaus optimistisches Bild. Die Stuttgarter Lebensversicherung verzeichnet etwa in 2020 einen signifikanten Zuwachs bei den Abschlüssen nachhaltiger Altersvorsorge. Lag der Anteil der „Grüne Rente“ am Neugeschäft im Vorjahr noch bei zehn Prozent, sind es aktuell 17 Prozent.

„Erhöhte Nachfrage der Kunden“

„Insgesamt stellen wir eine erhöhte Nachfrage sowohl bei Vermittlern als auch bei Kunden fest. Der Neugeschäftsanteil wird sich bis Ende des Jahres schätzungsweise noch auf etwa 20 Prozent erhöhen“, erklärt Ralf Berndt, Vorstandsmitglied der Stuttgarter und verantwortlich für die Ressorts Vertrieb, Marketing und Kooperationsvertrieb. Ausschlaggebend hierfür sei der grundsätzlich immer größer werdende gesellschaftliche Stellenwert einer nachhaltigen Lebensweise. Die gegenwärtige Coronapandemie habe dieses Bewusstsein zusätzlich erweitert.

„Im Zuge der Pandemie rücken die Themen Gesundheit und Sicherheit massiv in den Vordergrund. Vor allem die Sensibilität für die finanzielle Absicherung der eigenen Zukunft ist merklich gestiegen“, so Berndt. Die Krise mache den Menschen bewusst, dass es sich lohnt, auch bei der Altersvorsorge auf nachhaltige Aspekte zu achten und sie nehmen sich nun auch die Zeit, sich damit detaillierter auseinanderzusetzen.

Enormes Wachstum auch im Fondsbereich

Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch im Investmentfondsbereich ab, wo als nachhaltig eingestufte Fonds ein beeindruckendes Wachstum hinlegen. Per Ende September lag das verwaltete Vermögen offener Nachhaltigkeitsprodukte laut BVI bei 129 Milliarden Euro. Allein seit Ende Juni entspricht das einem Wachstum von 27 Prozent (konventionelle Fonds: plus zwei Prozent), seit Ende März sogar von 44 Prozent. Dieser Trend hat das Volumen nachhaltiger Fonds binnen weniger Jahre um über 100 Milliarden Euro wachsen lassen. Zum Vergleich: Der gesamte deutsche Fondsmarkt benötigte von seinen Anfängen im Jahr 1950 rund 40 Jahre, um eine vergleichbare Größe zu erreichen. Besonders stark ist das Wachstum bei Publikumsfonds: Ende September verwalteten sie 75 Milliarden Euro für ihre Anleger nach nachhaltigen Kriterien – eine Steigerung von 50 Prozent gegenüber Ende Juni.

Fridays for Future hilft

Und in den kommenden Jahren dürfte das Engagement nicht weniger werden. Ursächlich für das deutlich gestiegene Interesse privater Anleger ist nach Einschätzung des FNG Forum Nachhaltige Geldanlage in Berlin insbesondere die deutlich intensivierte Berichterstattung über nachhaltige Geldanlagen im Zuge der verschiedenen europäischen Maßnahmen zur Förderung dieser Anlageform und die damit gestiegene Bekanntheit entsprechender Anlagen. Zudem tragen Fridays for Future, die Diskussionen zum Kohleausstieg, zur CO2-Steuer und weiteren Initiativen zu einem gesteigerten gesellschaftlichen Klima- und Umweltbewusstsein bei.

„Für die kommenden Jahre erwarten wir einen weiteren Schub für die Nachhaltige Geldanlage privater Anleger“, stellt Volker Weber, Vorstandsvorsitzender des FNG fest. „Wenn die Kundenberater in Banken und Sparkassen als auch die freien Finanzvermittler ihre Kunden zukünftig nach ihrem Interesse an einer Nachhaltigen Geldanlage fragen müssen, wird das Engagement dieser Anleger weiter steigen.“

Große Hoffnung, dass das Thema Nachhaltige Geldanlage sein Nischendasein endgültig beendet, ruhen auf der Initiative der EU-Kommission, die ab dem kommenden Jahr die Signale in Europas Finanzindustrie auf Grün stellen will und damit drei wesentliche Ziele verfolgt. Angestrebt wird, Kapitalflüsse auf den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft auszurichten.

Nachhaltigkeit soll stärker in das Risikomanagement integriert und darüber hinaus die Transparenz nachhaltiger Finanzprodukte gefördert werden. Der Plan sieht hierfür die Umsetzung von insgesamt zehn Maßnahmen vor, die allesamt bis zum zweiten Quartal 2019 auf den Weg zu bringen sind. Mit einer schrittweisen Einführung eines einheitlichen Klassifizierungssystems (Taxonomie) für Nachhaltigkeit und der Bestimmung der Nachhaltigkeitspflichten von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern will die EU-Kommission das Thema pushen.

Schub für nachhaltige Anlagen

Nicht zuletzt deshalb wird in den kommenden Jahren in der Europäischen Union ein Schub für nachhaltige Anlagen erwartet. Denn gerade der Finanzindustrie wird eine große Gestaltungsmacht unterstellt. In der Tat kann sie dafür sorgen, dass die investierten Gelder in die richtigen, sprich ESG-konformen Investitionsvorhaben fließen und so den notwendigen Umbau von Gesellschaft und Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität maßgeblich voranzubringen.

Abseits von klimaneutralen Verkehrsmitteln und Wohnkonzepten, deren Umsetzung noch völlig am Anfang steht, gibt es auch in anderen Bereichen noch reichlich Optimierungspotenzial. Erst jüngst veröffentlichte das Statisti sche Bundesamt in Wiesbaden erschreckende Daten. Der direkt mit Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen verbundene Energieverbrauch in Deutschland ist zwischen 2010 und 2017 um magere 4,7 Prozent von 12.320 auf 11.736 Petajoule zurückgegangen.

Im Jahr 2017 trug überwiegend der Verbrauch von Mineralölen (36,0 Prozent), Gasen (27,4 Prozent) und Kohle (23,1 Prozent) zum emissionsrelevanten Energieverbrauch bei. Auf erneuerbare Energien, etwa Holz, Biodiesel oder Siedlungsabfälle entfielen 9,5 Prozent. Es gibt also noch viel Optimierungspotenzial.

Für die Zukunft gehen die Experten davon aus, dass Investoren „jene Unternehmen bevorzugen werden, die ihr Geschäftsmodell nachhaltig gestalten“, glaubt Chris Iggo, Chef-Anlagestratege bei Axa IM. Diese Entwicklung könnte dadurch verstärkt werden, dass wegen der hohen Staatsausgaben, die die Pandemie nach sich zieht, künftig die Steuern steigen müssen.

Dazu dürfte auch die Besteuerung des CO2-Ausstoßes gehören, meint der Anlageexperte. Dies könne die „Nachfrage von kohlenstoffintensiven Arbeiten auf Alternativen verlagern“.

Reichlich Rückenwind

Damit kommen verstärkt Erneuerbare-Energien-Projekte ins Spiel, wie sie von den Asset Managern Reconcept in Hamburg und hep global aus Güglingen bei Stuttgart Anlegern angeboten werden. Während Reconcept neben Windparks aktuell ein technisch innovatives Gezeitenkraftwerk als Investitionsobjekt anbietet, ist hep global mit Photovoltaikprojekten vor allem in den USA und Japan, aber auch in Australien und Europa im Markt. Dieser Sektor der regenerativen Energien dürfte ab dem kommenden Jahr noch weiter deutlich wachsen und dem Mega-Projekt Nachhaltigkeit reichlich Rückenwind bescheren.

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