Wie gehen die BU-Versicherer in der Antrags- und Leistungsprüfung mit der Corona-Pandemie um? Scheinbar anders, als der GDV als Interessenvertretung der Versicherungswirtschaft kommuniziert. Denn eine aktuelle Umfrage zum Antrags- und Leistungsverhalten der Berufsunfähigkeitsversicherer durch Premium Circle zeigen eine erhebliche Varianz der Versicherer im Umgang mit den durch Covid-19 neu hinzugekommenen Herausforderungen.
Für eine neue Studie hat die Premium Circle Deutschland im Rahmen seiner Qualitäts- und Transparenzinitiative zur Berufsunfähigkeitsversicherung (QTI 2021) am 3. März 2021 an 59 Versicherer und den GDV einen Erhebungsbogen zum tatsächlichen unternehmensindividuellen Antrags- und Leistungsverhalten im Zusammenhang mit Covid-19 versandt, um im Rahmen einer aktuellen Standortbestimmung Transparenz zu schaffen.
Sieben von 59
In 97 detaillierten Fragen wurde unter anderem abgefragt, inwieweit Covid-19-Impfungen mit bestimmten Impfstoffen, ein positiver Covid-19-Test, Reisen in Risiko- oder Mutationsgebiete, durch die Corona-Pandemie ausgelöste psychische Erkrankungen, nicht durchgeführte oder verschobene ärztlich angeordnete Maßnahmen, Arbeit im Homeoffice oder allgemeine Langzeitfolgen aktuell bereits Einfluss auf den Antrags- oder Leistungsprozess haben.
Mit der Alte Leipziger, Barmenia, Canada Life, HDI, LV 1871, Sparkassen Versicherung, Volkswohl Bund beteiligten sich gerade einmal sieben BU-Versicherer (11,9 Prozent) an der Umfrage. 15 Versicherer (25,4 Prozent) lieferten keine Daten, begründten aber die Absage an der Teilnahme. 37 Gesellschaften (62,7 Prozent) zeigten selbst nach Erinnerung keinerlei Reaktion, schreibt Premium Circle
Erhebliche Varianzen
Trotz einzelner positiver Ausnahmen zeige das Gesamtergebnis eine erhebliche Varianz der Versicherer im Umgang mit den durch Covid-19 neu hinzugekommenen Herausforderungen, schreiben die Studienautoren.
Besonders irritierend ist, dass das Ergebnis der Studie teilweise deutlich Aussagen des GDV konterkariert, dass Covid-19 für die BU-Versicherer einen Erkrankung wie jede andere sei und sowohl beim Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen als auch bei der Leistungsprüfung gelten für Kunden mit einer Corona-Infektion die ganz normalen Regeln gelten würden.
So gibt es laut Premium Circle im Antragsprozess aktuell keine spezifizierten,verständlichenundtransparenten Gesundheitsfragen im Zusammenhang mit Covid-19.
„Im Gegenteil, die unternehmensindividuelle Auslegung, Einschätzung und Bewertung auf Basis der bereits vor der Pandemie vorhandenen pauschalen Gesundheitsfragen erhöht das Risiko einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung für Versicherte und Vermittler teilweise erheblich“, heißt es in Studie.
Und: Im Leistungsfall würden die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unverändert etablierte Fülle von unverbindlichen Formulierungen und unbestimmten Begriffen dafür sorgen, dass es auch für die Auswirkungen von Covid-19 im BU-Leistungsprozess keine einheitlichen und verbindlichen Leitplanken gebe, so die weitere Schlussfolgerung.
„Das Ergebnis der Leistungsprüfung ist weiterhin eine unternehmensindividuelle und einzelfallabhängige Blackbox. Das Risiko einer Leistungsablehnung ist durch Covid-19 teilweise deutlich erhöht“, heißt es wortwörtlich weiter in der Mitteilung.
Einseitig steuerbares Geschäftsmodell
Der hohe Anteil an Versicherern, die weder in der aktuellen Erhebung, noch in ihren Gesundheitsfragen und Versicherungsbedingungen Transparenz leisten wollten, lasse zudem den Schluss zu, dass der Großteil der BU-Versicherer eher ein Interesse an einem einseitig steuerbaren Geschäftsmodell habe, anstatt mit verständlichen und klaren Produkten die Attraktivität für den Versicherungsnehmer zu erhöhen, so Premium Circle.
Zur Studienauswertung und den Gesellschaften, die die Fragen beantworteten, geht es hier.