Trotz deutlich steigender Zinsen wollen die deutschen Versicherungsaktuare den Garantiezins auf im Jahr 2024 unverändert auf 0,25 Prozent lassen. Das teilte die DAV mit. Nach intensiver Beratung hat sich der Vorstand für eine Beibehaltung des Höchstrechnungszinses bei 0,25 Prozent im Jahr 2024 ausgesprochen. Damit sei man dem Vorschlag der damit im Vorfeld beauftragten Arbeitsgruppe gefolgt, so die DAV. Diese Empfehlung sei an das Bundesfinanzministerium sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weitergeleitet worden.
Empfehlung an das Bundesfinanzministerium
„Wir betrachten nicht nur dieses eine Jahr, in dem die Zinsen am Markt wieder gestiegen sind, sondern beziehen verschiedene Faktoren mit ein. Die Zinssituation am Kapitalmarkt muss sich erst dauerhaft stabilisieren, bevor wir einen höheren Höchstrechnungszins empfehlen“, so der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Herbert Schneidemann zur Entscheidung des Berufsverbands der deutschen Versicherungs- und Finanzmathematiker.
Zweifelsohne gebe es derzeit eine Menge disruptiver Faktoren wie den Ukraine-Krieg, die gestiegene Inflation und die nach wie vor Wirkung entfaltende Pandemie, die zu einer volatilen Zinssituation beitragen. „Dennoch schätzen wir die durch das langjährige Niedrigzinsumfeld ausgelösten Veränderungen in der Finanzsteuerung der Versicherer als nachhaltig und dauerhaft ein, sodass eine allzu schnelle Anpassung des Höchstrechnungszinses nicht geboten ist.“
Auch habe darauf, so Schneidemann weiter, die relativ niedrige Langzeit-Erwartung für Zinsen Auswirkung. Diese wird anhand inverser Zinsstrukturkurven erkennbar. „Inverse Zinsstrukturkurven besagen, dass kurzfristig zwar mit steigenden Zinsen gerechnet wird, nicht aber langfristig.“
100 Prozent Beitragsgarantie engt ein
Trotz des sich verändernden Zinsumfeldes betont Schneidemann im Kontext der Bekanntmachung der Empfehlung zum Höchstrechnungszins, dass sich an der Grundhaltung der DAV zur Notwendigkeit, Garantieanforderungen für staatlich geförderte Vorsorgeprodukte zu überarbeiten, nichts geändert habe.
„Nach wie vor gibt es eine 100-Prozent-Beitragsgarantie für Lebensversicherungsprodukte, sodass ein Gros der Beiträge für die Absicherung der Garantien gebraucht wird. Das vermindert die Möglichkeiten, chancen- und renditereicher zu investieren.“ Hier sei der Gesetzgeber gefragt, den Weg für ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis zu ebnen, fordert der DAV-Vorstandsvorsitzende.
So wird der Höchstrechnungszins festgelegt
2019 hat die DAV ihre Methodik zur Ermittlung des Höchstrechnungszinses angepasst. Die Zinsempfehlung orientiert sich seither nicht mehr primär an den historischen Renditen europäischer AAA-gerateter Staatsanleihen.
Vielmehr berücksichtigt der Höchstrechnungszins die künftig realistisch am Kapitalmarkt erzielbaren Renditen der Lebensversicherungsunternehmen für neu abgeschlossene Verträge. Um diese zu berechnen, wurde ein repräsentatives Neuanlageportfolio eines Lebensversicherers mit konservativer Kapitalanlagestrategie modelliert. Dieses besteht im Wesentlichen aus festverzinslichen Wertpapieren und einem geringen Anteil aus Substanzwerten wie Aktien und Immobilien.
Unter Annahme verschiedener Zinsentwicklungen wurden die aus diesem Anlageportfolio abgeleiteten Durchschnittsrenditen in die Zukunft projiziert. Zur Glättung wurde das arithmetische Mittel dieser Renditen über jeweils fünf Jahre gebildet.
Sicherheitspuffer eingerechnet
„Zusätzlich wurde ein 40-prozentiger Abschlag als Sicherheitspuffer eingerechnet. Diesen hatte der Gesetzgeber seit Mitte der 1990er-Jahre bis zur Einführung des europäischen Versicherungsaufsichtsregimes Solvency II gefordert“, erläutert Schneidemann das Vorgehen.
Auch wenn diese Vorgabe an den Höchstrechnungszins inzwischen entfallen sei, setzt die DAV diesen Sicherheitsabschlag weiterhin in ihren Analysen an. Um ein ausreichendes Sicherheitsniveau zu gewährleisten, wurde zudem beschlossen, dass auch in Tiefzinsphasen der Sicherheitsabschlag immer mindestens 0,4 Prozentpunkte betragen muss.